(c) H.-G. Gräbe, 03/2000 Quelle: http://www.hg-graebe.de/Texte/Kommentare/ND/00-03-22.txt ================================================================ Zur Programmdebatte in der PDS Es ist schon erstaunlich, welch immer groteskeren Züge die Programmdebatte annimmt. Die PDS soll einem "modernen Sozialismus" verpflichtet werden, dessen dünne inhaltliche Skizze in den Mehrheitsthesen inzwischen von Anhängern und Gegnern dieses Konzepts gleichermaßen kritisiert wird. Diese Kritik ist zweifellos berechtigt, wenn wir uns an die Konzepte erinnern, die wir in der Wende und danach diskutiert haben, ganz abgesehen von solchen Standpunktbestimmungen, wie sie in der in kleinem Kreis heiß umstrittenen, in der Öffentlichkeit aber kaum beachteten Problemskizze "Wissenschafts- und hochschulpolitische Grundsätze der PDS" der BAG Wissenschafts- und Hochschulpolitik bei der PDS vom Januar 1997 enthalten sind. Solche Ausarbeitungen zur Kenntnis zu nehmen scheint der Programmkommission und auch einigen Leuten im BV der PDS schwer zu fallen. Statt dessen werden Promis übers Land geschickt, um dem Volk die neuen Thesen zu erläutern. Wie eine solche "Podiumsdiskussion" abläuft, brauche ich keinem zu erläutern, der auch nur eine schon einmal miterlebt hat. Nun zieht Gysi ein Fazit: "Die Argumente sind ausgetauscht. Lasst uns abstimmen." Insoweit er das Klopfkonzert meint, das sowohl einige Befürworter als auch viele Gegner des Moderneansatzes gegenwärtig auf ihren leeren Töpfen veranstalten, mag er damit sogar Recht haben. Substanz erhält die Debatte davon jedoch auch nicht. Mein Fazit fällt etwas nüchterner aus: Ein Jahr der Programmdebatte ist verplempert. Sie wird durch Programmkommission und BV nicht _organisiert_, sondern _dominiert_. Die Versuche von Einzelpersonen, mit programmatischen Überlegungen etwa zu Arbeit und Wissenschaft in die Debatte einzugreifen, sind noch immer an dieser Ignoranz gescheitert. Statt dessen gibt es nun 5 Foren, mit denen offensichtlich der gleiche Stil in neuem Gewand fortgesetzt werden soll. Holters Optimismus, die Debatte noch vor der nächsten Bundestagswahl abzuschließen, lässt Schlimmes für die Qualität des Ergebnisses befürchten. Pikantes Detail am Rande: Beim Zuschnitt der Foren sind Arbeit und Wissenschaft in unterschiedlichen Töpfen gelandet. Marx hätte dafür wohl nur beißenden Spott übrig gehabt.