(c) H.-G. Gräbe, 09/2005 Quelle: http://www.hg-graebe.de/Texte/Kommentare/ND/05-09-19.txt ================================================================ Zu "Streit um eine Formel" (ND, 17.9.05) Die im Untertitel des Artikels aufgeworfene Frage "Wer löste das Rätsel der Gravitation?" kann man nach Lektüre desselben mit einiger Gewissheit nur so beantworten: Die Wissenschaft. Wenn eines deutlich wird, dann wohl dies: Es gab zu jener Zeit einen intensiven Diskussionsprozess und es war für die Beteiligten mehr als selbstverständlich, neue Ansätze aufzusaugen, mit eigenen zu kombinieren und in diesen Diskussionsprozess zurückzugeben. Und zwar offensichtlich jenseits der Frage, ob damit irgendwelche Erstpublikationsrechte gefährdet sind oder nicht. Und nun stellen wir uns einmal vor, was wäre gewesen, wenn bereits damals die "Venterisierung" (R. Kuhlen) um sich gegriffen hätte und jeder peinlichst darauf bedacht, so wenig wie möglich eigenes "unpubliziertes Wissen" preiszugeben und zugleich so viel wie möglich fremdes "unpubliziertes Wissen" aufzusaugen. Vielleicht würden wir ja heute noch auf die berühmte Formel warten. Wir sind bei derselben Frage "Wissen in der modernen Gesellschaft", die ich bereits in vergangenen Leserbriefen immer wieder thematisiert hatte. Aus der Sicht des Funktionierens von Wissenschaft kann man das Interesse der Historiker an der Thematik Ihres Aufsatzes nur als "skurril" bezeichnen. ND bläst damit das Horn der Proponenten eines solchen "Erstentdeckerbegriffs", ohne den das Konstrukt "geistiges Eigentum" allerdings gar nicht zu rechtfertigen ist, und steht so auf der falschen Seite einer Barrikade, die lange aufgerichtet ist (etwa http://www.urheberrechtsbuendnis.de) und im Zentrum des Kampfes um die "Wiederaneignung unseres eigenen Tuns" (Holloway) steht. Schade!