(c) H.-G. Gräbe, 02/2006 Quelle: http://www.hg-graebe.de/Texte/Kommentare/ND/06-02-03.txt ================================================================ Zu Elmar Altvater: The proof of the pudding ... Neues Deutschland, 28./29.1.2006, S. 22. Zustimmung zu dieser in vielen Punkten scharfsinnigen Analyse der Umbrüche unserer Zeit von einem der wichtigsten linken Intellektuellen Deutschlands. Viele Berührungspunkte ergeben sich zu den Überlegungen im "Potsdamer Manifest" (PM-05); und das kann auch gar nicht anders sein, "weil wir die Welt verändern müssen, wenn wir wollen, dass sie bleibt". Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die "Kongruenz von Kapitalismus und Fossilismus", die "sich nun als Falle erweist", zugleich die Grundlage eines enormen zivilisatorischen Fortschritts ist, hinter dessen kulturelle und soziale Errungenschaften wohl kaum jemand wirklich zurückgehen möchte. Es kann nicht darum gehen, die industrielle Produktionsmaschine, welche die Welt in "ein Dante'sches Chaos" zu versenken scheint, abzuschaffen, sondern sie in ein "dezentral-dynamisches, vielzelliges, organismisches Zusammenwirken lebendiger Gesamtheit auf der Erde" (PM-05) einzubetten. *Das* ist aber eine Anstrengung, für die alle intellektuellen Ressourcen der Menschheit zu mobilisieren sind. Dieser Prozess ist längst in Gang; und deshalb ist es mehr als fraglich, ob die heutige ökonomische Macht wirklich "mehr denn je zuvor auf intellektuellem Eigentum" beruht. Ja, sie hätten es gern so, aber es gibt mächtige Tendenzen in der Welt - und selbst im strategisch denkenden Großkapital -, die Gemeinfreiheit und den freizügigen Zugang zu den Wissensressourcen der Menschheit zu verteidigen und auszubauen. Open Source und Linux sind inzwischen weithin bekannte Begriffe, aber die Wirkung der großen Digitalisierungsprojekte wie 'Google Print' reicht deutlich weiter. Auch das Großkapital kann sich der Tatsache nicht entziehen, dass ein geschlachtetes Schaf keine Wolle mehr gibt. Das bedeutete es aber, wenn der (heute noch) lebendige Fluss des Austauschs von Wissen einem Regime intellektueller Eigentumsrechte unterworfen würde. Es ist die Stelle, wo der kurzfristige Kalkül des bürgerlichen Eigentum zunehmend in aktiven Konflikt gerät mit den langfristigen Erfordernissen bürgerlicher Freiheit. "But the law of bourgeois property is not a magic amulet against the consequences of bourgeois technology: the broom of the sorcerer's apprentice will keep sweeping, and the water continues to rise. It is in the domain of technology that the defeat of ownership finally occurs, as the new modes of production and distribution burst the fetters of the outmoded law." (Moglen-03) Im "kollektiven Prozess des theoretischen Suchens" sollten derartige Überlegungen einen zentraleren Stellenwert bekommen. ============================= (PM-05) Potsdamer Manifest und Potsdamer Denkschrift. Siehe http://www.vdw-ev.de/manifest/index.html (Moglen-03) Eben Moglen: The dotCommunist Manifesto. Version vom Januar 2003. http://emoglen.law.columbia.edu/publications/dcm.html, deutsche Übersetzung: http://www.bemagazin.de/no10/d/moglen.html