(c) H.-G. Gräbe, 08/2006 Quelle: http://www.hg-graebe.de/Texte/Kommentare/ND/06-08-01.txt ================================================================ Zum Leserbrief von Ingeborg Dummer Neues Deutschland, 31.07.2006, S. 16 Zwei Sätze aus der Argumentation von Ingeborg Dummer beschäftigen mich besonders: "Das Leben der Gesellschaft kann aber nur durch organisierte Arbeit gesichert werden. Jeder Einzelne braucht in der arbeitsteiligen Gesellschaft die Sicherheit, auf dem Markt Brot, Milch usw. einkaufen zu können." und "Die weit überwiegende Mehrzahl der fünf Millionen Arbeitslosen wünscht sich wohl nichts sehnlicher als eine Arbeit, mit der sie selbst ihren Lebensunterhalt verdienen kann." Ist dies nicht das Marxsche "außer der Arbeit ist er bei sich und bei der Arbeit außer sich"? Wo kommt diese strikte Trennung von Arbeit und Lebensunterhalt her? Ist nicht alles, was dem Lebensunterhalt - in einem weiten Sinne - dient, Haushalt und Kindererziehung, Vereinsarbeit usw., Arbeit? Sind die fünf Millionen Arbeitslosen nicht gerade Ausdruck der Krise eines Verständnisses von "Arbeit her!" als "Chef her!"? Wieso braucht es "eine Erwerbsarbeit aber auch, um ihre erworbenen Kräfte und Fähigkeiten einzusetzen und damit auch erhalten bzw. weiterentwickeln zu können." Wieso Erwerbsarbeit? Ist es heute nicht gerade so, dass viele Arbeit liegen bleibt, weil sie sich gerade NICHT als Erwerbsarbeit organisieren lässt? Ist es nicht gerade die Fixierung auf Erwerbsarbeit, welche Menschen HINDERT, "ihre erworbenen Kräfte und Fähigkeiten ... zu erhalten und weiterzuentwickeln"? Ist es nicht Zeit, den Menschen - und gerade den von DIESER Arbeitsmaschine ausgespuckten - die Möglichkeit zu geben, selbst zu bestimmen, wo sie meinen, "ihre erworbenen Kräfte und Fähigkeiten einzusetzen", um sie so auch zu erhalten und weiterzuentwickeln? Ist dafür ein BGE - jenseits aller Finanzierungsfragen - nicht eine erstklassige Voraussetzung, indem es von diesen Mitmenschen etwas vom Druck nimmt und ihnen Freiraum zum Atmen verschafft? Müssen deshalb nicht Linke GANZ ZENTRAL ein BGE ALS KONZEPT fordern? Und alle Kraft daran setzen, die heute bereits existierende "bedarfsorientierte Grundsicherung" (ja, so heißt Hartz IV offiziell und so ist es auch - der "Bedarf wird geprüft", immer rigider) in dieser Richtung zu verändern. Dies kostet viel Kraft und auch Möglichkeitsräume sind auszuloten. Und es geht um einen zweiten und dritten "Arbeitsmarkt" und einen ÖBS, denn die Kosten treten nicht nur als Personalmittel, sondern auch als Sachmittel in Erscheinung und manche ABM scheitert an der Finanzierung zweiterer. Wieso kommt Frau Dummer also zu dem Schluss "... kann ich es nur als verantwortungslos bezeichnen, die Kraft der Partei für ein solch unrealistisches Konzept des BGE einzusetzen"?