Entwicklungspsychologie und Politik. Versuch einer Annäherung

Diskussionsgrundlage: Wolfgang Schallehn

Veranstaltung im Rahmen von WAK-Leipzig am 9. November 2005

Abstract

Politische Akteure und ihre Wähler durchlaufen Entwicklungsprozesse. Wohin laufen diese Entwicklungsprozesse? Sind sie beeinflussbar, wenn ja - wann und wie? Die Wissenschaft "Entwicklungspsychologie" bietet dafür viele Ansatzpunkte, freilich keine fertigen Lösungen. Eine höchst beachtenswerte Basiswissenschaft... (W. Schallehn)

Bericht

Obwohl der Teilnehmerkreis weitgehend disjunkt war und auch der Begriff "freie Kooperation" an keiner Stelle fiel, hatte das Thema viele Berührungspunkte zum Workshop "Leben im Informationszeitalter" [2005-10-29] und dort insbesondere zum Beitrag "Grenzen und Schwierigkeiten der freien Kooperation" von F.O.Wolf. Beide Vorträge befassten sich mit der Frage, was es überhaupt bedeutet, fähig zu solcher freier Kooperation zu sein. Es war eine der Grundkritiken an Spehrs Aufsatz [Spehr-00], genau diese Aspekte in der Argumentation ausgespart zu haben, siehe etwa [Gräbe-01]. Während F.O.Wolf stärker der Frage nachging, in welch vielfältiger Weise die Subjekte im Grad ihrer Kooperationsfähigkeit als "materielle Subjekte" zu betrachten sind, stand für W.Schallehn die Frage der Bedingungen im Vordergrund, unter denen sich eine solche Kooperationsfähigkeit entwickelt und entwickeln kann.

Die Betonung der Rolle der Entwicklungspsychologie fügt dabei der (bereits komplexen) Wolf'schen Argumentation über die Voraussetzungen von Kooperationsfähigkeit eine weitere Dimension hinzu - die der prozessualen Genese der Fertigkeiten selbst - und verengt zugleich den Blick wieder auf das Maß, welches im vorgegebenen Rahmen überhaupt abgehandelt werden kann. Beide Beiträge sind also eher als komplementäre Ergänzungen und Erweiterungen der Spehrschen Argumentation einzuordnen mit je noch anderem Fokus als [Spehr-00] selbst. W.Schallehn betrachtet dabei vor allem auch die soziale Dimension von Kooperationsfähigkeit. Konzentration auf den Aspekt "Entwicklungspsychologie" impliziert, dass es viel um "die Umstände" ging und wie diese beschaffen sein müssten, um Entwicklung in der betrachteten Richtung zu ermöglichen und auszulösen, und weinger darum, dass diese Umstände auch Menschenwerk sind und in einem subtilen koevolutionären Verhältnis zur Evolution der Subjekte selbst stehen.

Das Thema wird uns im Kreis WAK-Leipzig auch weiter beschäftigen. Im Januar 2006 werden wir diese Diskussion unter Einbeziehung des "Potsdamer Manifests" [PM] weiterführen.

Hans-Gert Gräbe (10.11.2005)

Literatur

[2005-10-29]
Workshop "Leben im Informationszeitalter" am 29.10.2005, siehe http://www.hg-graebe.de/WAK-Leipzig/2005-10-29.html
[Gräbe-01]
H.-G. Gräbe: Christoph Spehr und moderner Sozialismus. In: [Spehr-03]
Siehe auch http://www.hg-graebe.de/MTB/24-3.html
[Schallehn-05]
W. Schallehn: Folien zum Vortrag. (pdf)
[Spehr-00]
C. Spehr: Gleicher als Andere - Eine Grundlegung der Freien Kooperation.
In: [Spehr-03]
Der Text von C. Spehr als OpenTheory-Projekt
[Spehr-03]
Gleicher als andere. Eine Grundlegung der freien Kooperation. Hrsg. C. Spehr. Karl Dietz Verlag Berlin 2003. Reihe: Texte der Rosa-Luxemburg-Stiftung; Bd. 9 (pdf)


Prof. H.-G. Gräbe